Zu dem Thema haben wir am 20.10.2022 auf dem “Let’s Talk: Campus” – Event des Hochschulforum Digitalisierung eine Keynote gehalten. Schau dir gerne das Video dazu an.
Was hat Dir im Studium beruflich und persönlich am meisten weitergeholfen? Für manche unter Euch waren es vielleicht bestimmte Vorlesungen oder ein Auslandssemester. Für die meisten (ehemaligen) Studenten*, die wir kennengelernt haben, waren es allerdings die Erfahrungen, die sie im außeruniversitären Kontext gemacht haben.
Zwei maßgebliche Faktoren werden häufig genannt: Zum einen schätzen viele die wertvollen Bekanntschaften und Freundschaften, die sie während ihrer Uni-Zeit gemacht haben. Zum anderen wollen Studenten Verantwortung übernehmen und neben dem Studium etwas Handfestes schaffen. Erfolgserlebnisse durch gute Klausuren oder Hausarbeiten sind wichtig für den erfolgreichen Abschluss, jedoch sind es nur theoretische Ausarbeitungen, die am Ende des Tages liegen bleiben und keine Veränderungen hervorbringen.
Daraus ergeben sich völlig neue Implikationen für Universitäten: Im Vordergrund steht nicht mehr nur die exzellente Lehre, sondern passende Angebote für Studenten, um ihrem Forschungsdrang, Potenzial und ihrer Motivation gerecht zu werden. Wie schaffen Universitäten das? Für uns bei TechAcademy ist die Antwort klar: durch starke studentische Initiativen und deren Communities! Wenn Studenten eigene Projekte, Programme und Konferenzen konzipieren und durchführen, verpflichten sie sich gegenüber Mitgliedern, Teilnehmern und externen Partnern. Sie lernen, echte Verantwortung zu übernehmen und kreieren einen Impact, wodurch sie wachsen.
Wieso genau sollten Universitäten studentische Initiativen priorisieren und unterstützen?
Eine berechtigte Frage, die sich an diesem Punkt stellt. Dies lässt sich leicht beantworten: Der Campus zum Leben; Studenten aller Fachbereiche versammeln sich hier, um gemeinsam großartige Projekte zu entwickeln und durchzuführen.
So beispielsweise die Initiative TechLabs, welche – gestartet an der Universität Münster – kostenlose Coding-Kurse an 17 weltweiten Standorten anbietet. Oder lokal an der Goethe-Universität in Frankfurt: Hier hielt im Sommer 2022 der Founders Club die “Goethe Entrepreneurship Conference” mit 600+ Teilnehmern. Nicht zu vergessen unser eigenes TechAcademy Programm, in dem wir jedes Semester über 100 Studenten digitale Kompetenzen vermitteln. Daneben findet jährlich unsere hauseigene TechConference statt, welche in drei Jahren über 2500 Teilnehmer, Speaker und Organisationen empfangen hat. So finden sich schnell viele Vertreter der weltgrößten Unternehmen in unseren eigenen Hörsälen wieder.
Studentisches Engagement führt darüber hinaus zu exzellenter Außenwahrnehmung für die Universität. Häufig werden Initiativen mit Preisen ausgezeichnet; ob das nun die weltweite Google Impact Challenge ist, die TechLabs 2018 gewonnen hat, oder die Auszeichnung zu den Studenten des Jahres, die wir, TechAcademy, 2021 erhalten haben. Die Universität wird im Handumdrehen mit der Initiative in Verbindung gebracht, gerät dadurch positiv in die Presse und schließt Kontakte zu externen Förderern oder Wissenschaftlern.
Zu guter Letzt kommen oftmals solche Projekte, welche aus Initiativenarbeit hervorgehen, der Hochschule unmittelbar zugute. Sie setzen sich mit Problemen auseinander, die an der Hochschule vorliegen, und bieten effiziente Lösungsansätze. An der TU Berlin wurde mit Beginn dieses Semesters das “Designing Education Project Lab” eingeführt, ein von Studenten entworfenes Digitalbildungs-Modul, welches nun mit 6 ECTS fest im Vorlesungsverzeichnis verankert ist.
All diese Punkte formen aus dem Campus einen Ort der Motivation, des Wachstums und der Freundschaft.
Um den Campus aufleben zu lassen, braucht es Änderungen auf drei Ebenen
Um den Campus als einen Ort des persönlichen und beruflichen Wachstums zu gestalten, benötigt es Anpassungen auf den Ebenen der Universitätsverwaltung, der Professoren und Lehrenden sowie der Studenten. Das Beste ist: Diese Veränderungen zeigen nicht erst nach 10 Jahren Ergebnisse, sondern können schon morgen einen großen Impact schaffen. Hierzu ist keine Überschüttung mit Geld nötig, sondern Unterstützer innerhalb der Universität, die sich der studentischen Initiative annehmen.
Was braucht es in der Universitätsverwaltung?
Wir sehen die Notwendigkeit zur Aufstellung eines universitären Teams einzig für studentische Initiativen. Das Team kann, je nach Größe der Universität, aus 3-5 Universitätsangestellten und studentischen Hilfskräften bestehen. Sie arbeiten eine Vision und Strategie aus, um den Initiativen in ihrer Arbeit aktiv unter die Arme zu greifen.
So unterstützt das Team die Initiativen beim Marketing und der Vernetzung innerhalb der Universität. Beispielsweise durch fachbereichsübergreifende Messen, die den Initiativen die Möglichkeit bieten, sich den Studenten aller Fachbereiche vorzustellen. Eine Einbeziehung des Career Service kann dabei sinnvoll sein. Wir selbst arbeiten aktiv mit einem Mitarbeiter aus dem Career Service zusammen, der uns durch seine starke Vernetzung und seine Erfahrungen bei unserer ersten großen Konferenz geholfen hat.
Eine riesige Hilfe mit wenig Aufwand ist die Bereitstellung einer Infrastruktur. Darunter zählen Räumlichkeiten vor Ort, die zum Treffen der Studenten dienen, um zusammenzuarbeiten und die Gemeinschaftsbildung zu stärken. Aber auch die Bereitstellung von digitalen Räumen, also digitale Arbeitsorte, in welchen Initiativen ihre Dokumente sammeln und auch online an ihren Projekten arbeiten können. Universitäten brauchen dafür selber keine digitalen Arbeitsorte zu schaffen, da es ausreichende Dienstleister gibt, die solche Pakete mit den entsprechenden Tools anbieten.
Wie können Professoren den Initiativen weiterhelfen?
Wir möchten in diesem Punkt zwischen zwei von uns beobachteten Professoren mit verschiedenen Schwerpunkten unterscheiden:
Zum einen gibt es solche Professoren und Lehrende, für die die wissenschaftliche Karriere im Fokus steht. Von Ihnen als Lehrender erwarten wir nicht, dass Sie mehr Zeit in Initiativen stecken, als Sie wünschen. Ihnen möchten wir mitgeben, dass indem Sie Studenten die Möglichkeit geben, sich einmalig fünf Minuten in Ihren Vorlesungen selbst vorzustellen, Sie die Initiativen enorm unterstützen. Ohne viel Aufwand erfährt Ihre Hörerschaft so innerhalb kürzester Zeit von den Angeboten der Initiativen.
Selbstverständlich gibt es auch Lehrende unter Ihnen, für die neben der Forschung auch die Lehre und Weiterbildung der Studenten besonders im Vordergrund steht. Sie möchten wir dazu ermutigen, sich eine Herzens-Initiative auszusuchen, die solche Themen behandelt, mit denen Sie sich bereits identifizieren können. In diesen Initiativen können Sie als Mentor beratend agieren und Projekte begleiten. Sie arbeiten hier mit den motiviertesten Studenten, die das erlernte Wissen aus Ihrer Vorlesung direkt in ihren Projekten anwenden. Wir als Studenten wünschen uns und sind dankbar für diesen Austausch – miteinander zu reden, Fachwissen weiterzugeben oder Kontakte zu vermitteln, sind hierbei die stärksten Werkzeuge, mit denen Sie als Professor einer Initiative aushelfen können.
Die Umsetzung liegt am Ende bei uns, bei den Studenten
Uns bei TechAcademy hat es sehr geholfen, intern eine einheitliche Vision zu erarbeiten und den eigentlichen Grund herauszufinden, wieso es unsere Initiative gibt. Wer sind unsere Hauptadressaten? Wie sieht Erfolg auf großer Ebene für uns aus? Daraus haben wir bei der Strategieentwicklung vier Prioritäten für die jeweils nächsten 18-24 Monate abgeleitet. Diese sollten ambitioniert, klar definiert und über die Zeit konstant überprüft werden. Dadurch wird ein langfristiges Bild von Erfolg geschaffen, das die gesamte Organisation teilt.
Ganz eng daran geknüpft ist die eigene DNA in der Organisation. Exzellentes People Management ist in ehrenamtlichen Initiativen noch wichtiger als in Unternehmen, denn hier müssen Mitglieder motiviert und geführt werden, die häufig noch ziemlich unerfahren sind und ohne Bezahlung arbeiten. Der “cultural fit” muss bei jedem Teammitglied gegeben sein und das gesamte Team muss konstant überprüfen, wo sie die DNA noch besser ausleben können. Unser Leadership Team wendet mindestens 50% ihrer Zeit mit People Themen, wie Learning, Development, Kultur und Feedback auf. Durch diesen Mehraufwand profitiert jedes Mitglied bei TechAcademy langfristig.
Des Pudels Kern ist jedoch aktives Community Building. Viele Organisationen und Initiativen kämpfen heutzutage mit dem Aufbau einer Community. Wir denken, dass daraus zu sehr eine Wissenschaft gemacht wird. Community bedeutet letztlich, dass Menschen zusammenkommen, die gerne Zeit miteinander verbringen. Wie erreicht man das? Durch einen geteilten, kollektiven Spirit. Das klingt etwas abstrakt, doch wir merken es bei allen Initiativen, unabhängig vom Thema oder Größe: Bei jeder steckt eine geteilte Stimmung und Haltung dahinter, die die Menschen wertschätzen und womit sie sich identifizieren. Das kann ein gewisser Zweck sein, eine geteilte Leidenschaft für das Thema oder einfach die Eigenschaften der Menschen, die sich zusammengefunden haben. Findet daher unbedingt heraus, was dieser geteilte Spirit bei Euch ist und baut alle Angebote und Euer Team um diesen herum auf.
Letztlich…
…sind studentische Initiativen der Schlüssel, um den Campus zu einem Ort des Wachstums, der Erfolge und Freundschaft zu machen. Studenten werden sich nach ihrem Hochschulabschluss in den meisten Fällen an die besonderen Events und Menschen aus ihrer Uni-Zeit zurückerinnern. Lasst uns inspirierende Communities in den Hochschulen bilden, durch die Studenten von und miteinander lernen!
* Im folgenden Text wird aus Gründen der besseren Lesbarkeit das generische Maskulinum verwendet, das jedoch alle Geschlechter gleichermaßen umfassen soll und geschlechtsneutral gemeint ist.